Wege zu einer anschaulichen Mechanik in der gymnasialen
Oberstufe
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Beim traditionellen Mechanik-Unterricht sehen die Schüler - wenn
überhaupt - über Wochen hinweg nur einen experimentellen Aufbau:
die Fahrbahn mit Lichtschranken und einem unübersichtlichen Verhau von
Verbindungsleitungen; vielfach stehen im Zentrum mathematische Ableitungen
und Rechnungen und es besteht die Gefahr, dass physikalisches Denken zu kurz
kommt.
Seit Jahren werden vielfältige Vorschläge gemacht, den physikalischen
Gehalt der Schulmechanik mit neuen Techniken zu erhöhen. Hier ein Weg,
mit dem ich gute Erfahrungen gemacht habe.
Grundlegend waren für mich fünf Konzepte, die durch folgende
Schlagworte gekennzeichnet sind:
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Mit dem Orts-Konzept ist gemeint, dass Bewegungen
beschrieben werden durch die Veränderungen des Ortes im Laufe
der Zeit (nicht durch Wege in Abhängigkeit von der Zeit; vgl.
didaktogene
Lernschwierigkeiten). Dies setzt u.a. voraus, dass sich Schüler
wie Lehrer vor jeder Untersuchung auf ein Koordinatensystem einigen.
Das bewährt sich u.a. später beim Lösen von Aufgaben, wo die
richtige Wahl des Koordinatensystems u.U. schon die halbe Lösung der
Aufgabe bedeutet.
Mit Geschwindigkeits-Konzept ist gemeint, dass man
m.E. einen schnelleren Zugang zum Kern der betreffenden physikalischen
Größen (vor allem der Beschleunigung a) erhält, wenn man
zunächst den Begriff der Geschwindigkeit erarbeitet. Das habe ich vor
vielen Jahren einmal von Prof. Heuer gelernt.
Als Vehikel zum Verständnis von Geschwindigkeit und Beschleunigung,
das auch beim Lösen von Aufgaben sehr nützlich ist, lernen die
Schüler den Umgang mit Steigungen in einer
anschaulichen und nicht formalisierten Weise.
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"manueller" Steigungsbegriff: nicht
formalisiert: positive Steigung |
negative Steigung |
Und überhaupt lernen die Schüler recht bald, mit
Graphen umzugehen und diese auch grundsätzlich
als Vehikel zum Lösen von Aufgaben zu benutzen.
Insgesamt sollen die traditionelle Kinematik zurückgedrängt
und recht schnell dynamische Gesichtspunkte und speziell die
Kausalität (vgl.
Kausalität) ins Spiel gebracht
werden.
Je nachdem, was für ein Verständnis günstiger erscheint, werden
Sonarmeter (oder andere "berührungslose"
Bewegungsmesswandler wie Infrarot-Sensoren), Lichtschranken
oder Handstopp-Verfahren eingesetzt. Ziel ist es, dass sich die
Schüler die physikalischen Inhalte damit erarbeiten, u.U. auch in
Schülerversuchen. Der Einsatz
dieser Methoden soll nicht nur zur Illustration dienen. Mit solchen Geräten
gelingen einzigartige Versuche, die direkte - und damit besonders einfache
und anschauliche - Zugänge zu den Phänomenen und ihrer Beschreibung
ermöglichen.
Es wird unterschieden zwischen
-
der Newtonschen Mechanik, bei der der Kraftbegriff im Zentrum
steht, und
-
der Mechanik der Erhaltungssätze, die auf den Kraftbegriff verzichtet
und mechanische Vorgänge durch den Austausch von
Erhaltungsgrößen beschreibt.
Zwischen beiden "Mechaniken" gibt es die bekannten Brücken. Es erscheint
sinnvoll beide "Mechaniken" zunächst unabhängig zu formulieren,
auch um die Schüler darauf aufmerksam zu machen, dass die Naturbeschreibung
nicht eindeutig ist, sondern sogar mit völlig unterschiedlichen Begriffen
völlig richtig gelingen kann.
Vgl. auch: Logischer Gehalt der Newtonschen
Mechanik
Wenn im Folgenden von Vektoren die Rede ist, wird ein naiver Vektorbegriff
angesprochen (Vektor = Größe mit Betrag und Richtung). Dabei ist
in der Regel eine koordinatenfreie Schreibweise des Vektors gemeint.
Einige Schritte sollen hier erläutert werden:
I Newtonsche Mechanik
II Die Mechanik der Erhaltungssätze
III Newtonsche Mechanik im Raum und mit nicht konstanten Kräften