Mittlerweile ist bekannt, dass eine Kraft definiert ist als Ursache
für eine Beschleunigung. Durch ein Experiment soll nun der Zusammenhang
zwischen Kraft und Beschleunigung aufgespürt werden.
Versuch: horizontale Fahrbahn, Antriebsgewichte über Faden und
Umlenkrolle; die Gesamtmasse muss konstant bleiben, also Antriebsgewichte
aus Vorrat auf dem Gleiter; auf dem Gleiter außerdem Reiter, der als
Reflektor für die Ultraschall-Impulse des Sonarmeters dient; Steuer-
und Auswertungsprogramm, z.B. SONAR. Durch den Trick, dass der ganze
Vorrat der Antriebsmassen auf dem Gleiter mitfährt, kann man die Bedingung
der konstanten Gesamtmasse einhalten. Gemessen werden Geschwindigkeiten
in Abhängigkeit von der Zeit.
Für unterschiedliche Antriebsgewichte werden die wachsenden
Geschwindigkeiten der Bewegungen registriert und auf dem Bildschirm dargestellt.
Die Beschleunigung erhält man unmittelbar als Steigung der t-v-Graphen,
entsprechend ihrer Definition. (SONAR besitzt die Möglichkeit,
ein Steigungsdreieck einzuzeichnen und die Steigung unmittelbar abzulesen.)
Weil nur Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt werden, kommt es auf
den Koordinatenursprung nicht an. Der einzige Justieraufwand, der durch das
Sonarmeter auch noch vereinfacht wird, besteht in der horizontalen
Ausrichtung der Fahrbahn. Das kann sogar vor der Klasse geschehen.
Das a-F-Diagramm zeigt sehr überzeugend die direkte Proportionalität.
Die Proportionalitätskonstante stimmt recht gut mit dem Zahlenwert der
Gesamtmasse überein: Identifizierung als Gesamtmasse m.
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Diese wohl eleganteste experimentelle Herleitung des 2. NG besticht durch ihre Präzision, ihre methodische Klarheit und durch die Tatsache, dass die Beschleunigung nicht über eine quadratische Gleichung gewonnen wird, sondern direkt von ihrer Bedeutung als Steigung des t-v-Graphen
her.
Hinweise: möglichst leichter Faden (Seide); Horizontaljustierung,
kontrolliert durch t-v-Diagramm bei gleichförmiger Bewegung; konstante
Gesamtmasse, erreicht durch Umlegen bereits aufgefädelter Antriebsmassen
(Holz-Perlen); durch den Trick des Auffädelns vermeidet man, dass die
Antriebsmassen beim Aufprall jedesmal von ihrem Träger springen.
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Messergebnis: Hier wurden vor der Messung die Zeit und die
Schallgeschwindigkeit mit den entsprechenden Optionen des Programms
SONAR kalibriert. Bei einer Gesamtmasse von 0,2385 kg ergab sich eine
Steigung der Ausgleichsgeraden von 0,242 Ns2/m. Die
Übereinstimmung ist beeindruckend! Statt, wie früher üblich,
hier eine Proportionalitäts-Konstante c (F = c.m.a) einzuführen,
die als 1 definiert wird, genügt es bei der vorliegenden hohen
Präzision, die Schüler auf die Definition von 1 N hinzuweisen.
("1 kg in 1s aus der Ruhe auf 1 m/s durch die Kraft 1 N"), die festlegt,
dass 1 Ns2/m = 1 kg.
Die geringfügige Abweichung von ca. 4 g könnte durch das
Trägheitsmoment der Schnurrolle bedingt sein, die einer effektiven
Zusatz-Masse entspricht. Dafür spricht, dass auch bei größeren
Gleitermassen ein Fehler von derselben absoluten Größe entsteht.
Daten über die effektive Masse konnte ich bei der Herstellerfirma nicht
erhalten. Andere Fehler sind auch denkbar.
Es wird dann formuliert:
2. NG: Jede Kraft F bewirkt bei einem Körper der Masse m eine
Beschleunigung a, die sich aus F = m.a ergibt. |
Also: Die Kraft F hat eine Beschleunigung zur Folge, und diese
ist proportional zur Kraft. Die Proportionalitätskonstante ist gerade
die Masse m des beschleunigten Körpers. Wenn die Kraft konstant ist,
ist es auch die Beschleunigung. Eine solche Bewegung nennt man
gleichmäßig beschleunigte Bewegung.
Dann muss ein scheinbarer Widerspruch zur Erfahrung diskutiert werden:
Bei einer Autofahrt auf der geradlinigen, horizontalen Autobahn mit
Höchstgeschwindigkeit weiß man, dass die Geschwindigkeit konstant
ist und die Antriebskraft gerade maximal. Dennoch also Beschleunigung a =
0?
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Konstante Maximalgeschwindigkeit, weil insgesamt keine Kraft auf den
PKW wirkt: die maximale Antriebskraft wird aufgehoben durch die ebenfalls
maximale Reibungskraft.
Es ist die Gesamtkraft F, die in das 2. NG eingeht! |
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Ein entsprechender Versuch lässt sich auch mit
Schülerversuchs-Fahrbahnen und einem IR-Bewegungsmesswandler mit demselben
Programm SONAR durchführen. Die Genauigkeit des Faktors F/a
hängt dann aber von der Kalibrierung der Entfernungsmessung ab. (Vgl.
Buch Schülerversuche mit PC und ...
)
Auch durch Handstoppen von rollenden Kugeln auf einer geneigten Kugelrinne
mit dem Zeitmessprogramm GALILEI (Vgl. Buch
Schülerversuche mit PC und ... )
kann man die Proportionalität zwischen F und a bei geringsten Kosten
nachweisen. Das Auswertungsverfahren ist identisch. Im
Proportionalitäsfaktor ist hier die Masse nur indirekt enthalten, direkter
das Trägheitsmoment der rollenden Kugel bzgl. der Auflagepunkte.
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Handstopp-Versuch an der geneigten Kugelrinne mit PC-Programm GALILEI.
Vgl. Buch "Schülerversuche mit PC
... "):
Man erkennt die Kugelrinne (U-förmige Aluschiene aus dem Baumarkt) mit
Marken. Beim Vorbeirollen einer Kugel an einer Marke drückt einer der
Schüler eine Maustaste des PCs (dem PC wurden vorher die Positionen
der Marken mitgeteilt). Die Bahnneigung der Kugelrinne wurde in gleichen
Schritten geändert, indem jeweils 2 Diagläser mehr am Startende
untergelegt wurden. GALILEI misst mit Hilfe der Zeitmittenmethode
Momentangeschwindigkeiten. Auch hier ergibt sich eine fast perfekte
Ursprungsgerade für das t-v-Diagramm: Die Geschwindigkeit v ist bei
konstanter Kraft (hier Hangabtriebskraft) proportional zur Zeit.
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Handstopp-Versuch an der geneigten Kugelrinne mit PC-Programm
GALILEI Vgl. Buch "Schülerversuche
mit PC ... "):
Die Steigung der Geraden (also die Beschleunigung a) lässt
sich jeweils mit einem vom Programm eingezeichneten mitlaufenden Steigungsdreieck
im Kopf berechnen. In der im Bild eingezeichneten Programm-Option wird eine
Ausgleichsgerade eingezeichnet und die Steigung a ausgegeben. In der Zeichnung
ist auch ein typischer Fehler demonstiert: bei der letzten Geraden wurde
der Kugel beim Start offenbar ein kleiner Stoß in Gegenrichtung versetzt,
der die "Anfangsgeschwindigkeit" geringfügig negativ machte. Der Fehler
wirkt sich außer in der Graphik nirgendwo aus.
Schon im Diagramm ist erkennbar, dass die Beschleunigung mit der
Hangabtriebskraft wächst. Ein a-F-Graph mit den Daten der Abbildung
ergibt eine recht überzeugende Ursprungsgerade: F prop. a |
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Handstopp-Versuch an der geneigten Kugelrinne
mit PC-Programm GALILEI:
Nur der Vollständigkeit halber wird hier auch das t-x-Diagramm gezeigt.
Durch die Ausgleichsparabeln würde man auch hier den Startfehler aus
der Beschleunigungsmessung eliminieren. Das t-x-Diagramm ist für sich
interessant. Bei der erstmaligen Einführung und der Ermittlung der
Beschleunigung würde ich es aber vermeiden. |
Die Bedeutung des 2. Newtonschen Gesetzes liegt darin, dass es erlaubt,
bei bekannten Anfangsbedingungen (x0 und v0) Bewegungen
vorherzusagen für alle Zeiten, für die die Kraft (Gesamtkraft)
bekannt ist. Hier wird es wichtig, dass der komplette Satz von Anfangsbedingungen
vorgegeben wird! Die Aussage:
Aus bekannten Anfangsbedingungen x0 und v0
ergibt sich
-
bei einer eindeutigen Ursache (Kraft F)
-
eine eindeutige Wirkung (a = F/m, v, x)
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heißt in der Physik Kausalität.
Es wird also die Hauptaufgabe der Newtonschen Mechanik sein,
Kräfte zu identifizieren und dann mit Hilfe der Kausalität
Bewegungen vorherzusagen und eventuell mit Messergebnissen zu vergleichen. |
Der Freie Fall ist solch ein Beispiel:
Traditionell wird ein Experiment zum Freien Fall genutzt, um die
Fallbeschleunigung zu messen. Man kann aus ihm aber eine ganze Menge mehr
lernen. Mit Hilfe von Experimenten soll der Fall daher jetzt analysiert werden.
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Sogar für
Schülerversuche geeignet ist der
Zackenkamm-Versuch, den ich 1983 durch von Dwingelo kennengelernt
habe. Der so genannte Zackenkamm durchfällt eine Lichtschranke, und
der PC stellt aus den Messdaten der Unterbrechungszeiten und bekannten
Abständen der unterbrechenden Kanten ein t-x- oder ein t-v-Diagramm
auf (z.B. das PC-Programm ZACKKAMM kann Momentangeschwindigkeiten
nach der Zeitmittenmethode messen).
Es handelt sich quasi um einen Freihand-Versuch, weil keinerlei
Justierarbeiten nötig sind. Bewährt hat sich ein Zackenkamm aus
Fotokarton mit einem Abstand von 3 cm zwischen jeder unterbrechenden
(Unter-)Kante, der mit selbstklebender Folie flexibel gehalten wurde (beim
Aufprall auf dem Boden sollte er keine Schäden davontragen). Mit einem
Papiermesser lassen sich die Sprossen nach dem "Laminieren" leicht ausschneiden.
Die freien Sprossen links wurden durch einen doppelseitigen Streifen Tesafilm
stabilisiert, damit sie weniger flattern.
Entsprechend dem Geschwindigkeitskonzept würde ich erst das
t-v-Diagramm aufnehmen lassen. Es ergibt sich die perfekte Gerade der
folgenden Abbildung: |
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Zackenkamm-Versuch mit einer Lichtschranke und dem Programm ZACKKAMM
(Vgl. Buch "Schülerversuche mit PC ...
"):
An der fast perfekten Geraden für das t-v-Diagramm lässt sich viel
zeigen, wie unten besprochen wird.
Die Steigung der Geraden (also die Beschleunigung a) lässt
sich jeweils mittels eines vom Programm eingezeichneten mitlaufenden
Steigungsdreiecks aus Dv /
Dt im Kopf berechnen. |
Es ergeben sich eine Reihe von Fragen:
- Welche Art von Bewegung liegt vor? Antwort (A):
gleichmäßig beschleunigte Bewegung mit konstanter Beschleunigung
als Folge einer konstanten Kraft
- Um welche konstante Kraft handelt es sich? A: Gewichtskraft,
die auf den Zackenkamm wirkt
- Was ändert sich, wenn aus einer größeren Höhe gestartet
wird? A: parallelverschobene Gerade
mit einer anderen Anfangsgeschwindigkeit v0 (beim ersten Unterbrechen
der Lichtschranke), die von der Starthöhe abhängt. Kein Einfluss
auf die Beschleunigung bzw. Kraft!
- Was ändert sich, wenn durch eine aufgeklebte Münze die Masse
des Zackenkamms vergrößert wird? In Deutschland sagen die
Schüler dann meistens voraus, dass der Zackenkamm "schneller fallen"
muss, weil sich die Erdanziehungskraft vergrößert hat.
Das Versuchsergebnis - unveränderte Fallbeschleunigung - veranlasst
die Schüler zur Vermutung, dass zwar die Gewichtskraft größer
geworden ist, im 2. NG aber auch die Trägheit (Masse m). Das 2. NG zeigt
mit Hilfe einer kleinen Rechnung, dass die Vermutung richtig ist.
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Zackenkamm mit "Fallschirm" |
t-v-Diagramm bei Fall mit Fallschirm. An der abnehmenden Steigung
erkennen die Sch,
dass die wirkende Kraft abnimmt. Sie deuten das als teilweise Aufhebung der
Gewichtskraft
durch die zunehmende Luftreibungskraft. |
- Welchen Einfluss hat die Luftreibung? A: Im Experiment offenbar wenig.
Man könnte die Luftreibung aber drastisch erhöhen, wenn man den
Zackenkamm an einen Fallschirm hängt, der aus einem Taschentuch geknotet
wurde. Wenn es gelingt, den Zackenkamm dann noch ohne Taumeln durch die
Lichtschranke fallen zu lassen, bemerkt man, dass der t-v-Graph bei
größeren Zeiten immer flacher verläuft: die Beschleunigung
wird mit zunehmender Zeit kleiner.
- Ursache davon? A: Die Gesamtkraft auf den Zackenkamm nimmt
im Laufe des Falls ab. Es wird erarbeitet, dass Gewichtskraft und
Luftreibungskraft entgegengesetzt gerichtet sind. Je größer die
Geschwindigkeit, desto größer der Betrag der Luftreibungskraft,
desto kleiner die Differenz beider Kräfte.
- Wie groß ist die Fallbeschleunigung g? Man erhält i.A.
recht genaue Werte für g. Das Ergebnis variiert u.U. leicht um den bekannten
Wert. Gründe für eventuelle Abweichungen liegen darin, dass es
in seltenen Fällen nicht gelingt, den Zackenkamm ohne Verkanten und
Schlingern durch die Lichtschranke fallen zu lassen. Es sind keinerlei
Justierarbeiten erforderlich.
Natürlich bekommt man mit dem Zackenkamm-Versuch auch wieder eine
perfekte Parabel für das t-x-Diagramm. M.E. ist aber das t-x-Diagramm
weniger ergiebig.
Vergleicht man die Vorhersagen Galileis und von Aristoteles
zum Fall, muss man zur Kenntnis nehmen, dass sich nicht etwa einer der beiden
geirrt hat. Vielmehr beschrieb Aristoteles einen Fall unter dem
Einfluss starker Luftreibung, und Galilei einen Fall mit
vernachlässigbarer Luftreibung. Bekanntlich fand der Test vom Schiefen
Turm in Pisa durch Galilei nicht statt. Es wird behauptet, dass er eher in
die Richtung von Aristoteles' Vorhersage gegangen wäre, wenn er
durchgeführt worden wäre.
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Analog lassen sich auch andere Bewegungen incl. von
Realbewegungen (anfahrendes Fahrrad, Moped, PKW, ... ) untersuchen,
z.B. die Bewegung des im Buch
Schülerversuche mit PC ... "
beschriebenen Propellerfahrzeugs. Für Schülerversuche im
Labor geeignete Methoden dazu sind Handstopp-Versuche oder Versuche
mit dem IR-Bewegungssensor.
Das Bild zeigt ein t-x-Diagramm für ein anfahrendes Propellerfahrzeug
auf einer Fahrstrecke von ca. 1 m, aufgenommen durch Handstoppen. Die
Gerade des entsprechend aufgenommenen t-v-Diagramms beweist das Vorliegen
einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung mit einer konstanten
Antriebskraft.
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Anmerkung: Auch aus dem t-x-Diagramm lässt sich bei einfachen
idealen Anfangsbedingungen (x0 = 0, v0 = 0) das Vorliegen
einer Parabel beweisen, wenn das
t-Öx-Diagramm aufgetragen wird. Dann sollte
sich eine Ursprungsgerade ergeben.
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Zackenkamm-Versuch mit einer Lichtschranke und dem Programm ZACKKAMM
(Vgl. Buch "Schülerversuche mit PC ...
"; Bildschirmfoto einer älteren Programm-Version):
Die perfekte Gerade beweist die quadratische Gesetzmäßigkeit für
das t-x-Diagramm. Zugleich wird gezeigt, wie mit dem zuschaltbaren
mitlaufenden Steigungsdreieck die Steigung durch Kopfrechnen
ermittelt werden kann. Für die Beschleunigung würde sich hier -
wie man leicht nachrechnen kann - g = 9,78 m/s2 ergeben.
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