Würzburger Quantenphysik-Konzept

V02 Doppelspalt-Versuch mit einzelnen Quanten-Teilchen

Doppelspalt-Versuch: Prinzip  Doppelspalt-Versuch nach Grangier/Aspect

Lehrtext/Inhalt    Glossar  Versuchsliste

Während man sich einen klassischen Doppelspalt-Versuch deuten kann durch eine Überlagerung von zwei klassischen Wellen ("Wellen-Iinterferenz"), zeigen Versuche, dass in der Quantenphysik Interferenz auch dann eintritt, wenn jeweils nur ein einziges Quanten-Teilchen den Doppelspalt passiert ("Einteilchen-Interferenz"). Dann kann man nicht mehr vermuten, dass hier zwei konkrete "Dinge" einander überlagern, weil nur ein einziges Teilchen vorhanden ist.

Ein solcher Versuch wurde erstmals von Taylor 1909 **) vorgeschlagen und der damaligen Technik entsprechend mühsam durchgeführt. Dazu wurde in einen lichtdicht abgeschlossenen Holzkasten eine schwache monochromatische Lichtquelle eingebaut, die auch noch durch Filter und Blenden abgedunkelt war. Ebenfalls in dem lichtdichten Kasten eingelassen war eine Fotoplatte als Schirm. Jeweils nach unterschiedlichen Zeiten, schließlich über Wochen hin, wurden die Fotoplatten entwickelt und die Nachweisorte der Photonen auf der Fotoplatte sichtbar gemacht.

1. Nach relativ kurzer Belichtung erkannte man nur einige wenige Stellen, an denen Photonen nachgewiesen werden konnten. Diese waren ganz zufällig verteilt und verrieten keinerlei Struktur.

2. Nach längerer Belichtungszeit konnte man die Photonen an immer mehr Stellen nachweisen, immer noch zufällig verteilt, aber mit einer geringfügigen Häufung an solchen Stellen, wo die zur Wellenlänge des verwendeten Lichts gehörige Interferenzfigur ihre Maxima hatte.

3. Bei relativ langer Belichtungszeit entstanden sehr viele Schwärzungspunkte in der Nähe der Maxima, immer weniger, je näher man sich den Minima der Interferenzfigur näherte, dort gar keine. Man erkannte immer noch einzelne, mehr oder weniger zufällig verteilte Nachweise.

4. Bei sehr langer Belichtungszeit entstand ein Schwärzungsbild auf der Fotoplatte wie bei einer Welle.

1957  hat eine ungarische Gruppe um Janossy einen analogen Präzisionsversuch dazu durchgeführt: Statt eines Doppelspalt-Experiments untersuchten sie die Interferenz in einem (verwandten) Mach-Zehner-Interferometer. Das Interferometer war erschütterungssicher in einem Felshohlraum eingebaut, es wurde für konstante Temperatur gesorgt, damit Temperaturveränderungen der Interferometer-Arme ausgeschlossen waren, niemand war während der Versuchsdurchführung anwesend, sondern der Versuch wurde ferngesteuert. Das Ergebnis war ähnlich wie von Taylor. Tatsächlich kann ein Experiment mit einer abgeschwächten Lichtquelle nicht ausschließen, dass zufällig zwei Photonen gleichzeitig durch den Doppelspalt treten. Endgültige Beweiskraft hat erst ein Interferenz-Experiment nach Grangier, Roger und Aspect (GRA 1986), das eine "Einzelphotonenquelle" verwendet. **)

Ein ähnlicher Versuch wurde 1989 von Tonomura erstmals mit Elektronen durchgeführt bei ähnlichem Ergebnis. Statt eines Doppelspalts verwendete er allerdings wie Möllenstedt ein elektronenoptisches Biprisma. Vgl. Text und Video von Hitachi und Artikel Science Web (daraus ist das nebenstehende Bild). Vgl. auch das Video

Im Unterschied zu einem klassischen Doppelspalt-Versuch mit Laserlicht etwa baut sich bei den hier beschriebenen Versuchen eine Interferenzfigur erst allmählich auf. Während man klassisch die Interferenzfigur durch ein Diagramm darstellen kann für die Abhängigkeit der gemessenen Lichtintensität (Energie pro s pro m2) von der Position auf dem Schirm quer zur optischen Achse, erhält man hier eine entsprechende Darstellung erst, wenn man die Anzahl der nachgewiesenen Teilchen pro s und m2 aufträgt.

An diesem Versuch erkennt man ganz klar den Unterschied zwischen Einteilchen- und Welleninterferenz: Die einzelnen Teilchen werden an statistisch verteilten Orten nachgewiesen. Bereits für einzelne Teilchen bestehen aber Maxima und Minima für die Nachweiswahrscheinlichkeit. Bei Welleninterferenz entsteht dagegen immer das ganze Interferenzbild, wenn auch evtl. mit sehr kleiner Intensität.

Manche Physiker sagen in ihrem Jargon in dieser Situation, dass das Teilchen "beim Durchtritt durch den Doppelspalt mit sich selbst interferiere" und haben dabei die zwei sich überlagernden Teile der Welle vor Augen. Ein solches Bild sollte man aber nicht wörtlich nehmen; wir wissen ja, dass Teilchen als solche unteilbar sind. (Sie können zwar evtl. zerlegt werden, die Bruchstücke sind aber von anderer Art als das ursprüngliche Teilchen). Es genügt, wenn man die verallgemeinerte Auffassung der Interferenz verwendet und berücksichtigt, dass für jedes einzelne Teilchen zwei klassisch denkbare Möglichkeiten des Durchtritts bestehen, zwischen denen nicht durch eine Messung entschieden wird ("Interferenz von Möglichkeiten"). Man kann durch eine Messung auch bei einzelnen Teilchen im Prinzip den Durchtrittsort messen; dann hat man aber den Versuch so abgeändert, dass keine Interferenz beobachtet wird. Es gibt keine Möglichkeit, einen Zusammenhang zwischen einem klassisch denkbaren Durchtrittsort und dem Nachweisort auf dem Schirm zu finden. Deswegen verzichtet man auf die Vermutung, dass das nachgewiesen Teilchen zuvor durch einen bestimmten Spalt gelaufen ist, und sagt, dass es ohne eine Messung keinen Durchtrittsort gibt, wenn Interferenz beobachtet wird.

E Das Doppelspalt-Experiment lässt sich nicht nur mit Interferenz von klassischen Wellen deuten, sondern auch durch Interferenz konkurrierender klassisch denkbarer Möglichkeiten. Das wird bewiesen durch die Tatsache, dass bereits ein einzelnes Teilchen in der Anordnung zur Interferenz führt (Einteilchen-Interferenz).

Diese kann aber nur nachgewiesen werden, wenn der Versuch mit ununterscheidbaren, jeweils gleich präparierten Teilchen oft wiederholt wird.

**) Seit 1963 (Glauber) weiß man, dass beim Taylor-Versuch bzw. bei stark abgeschwächtem Laserlicht die Anwesenheit von genau einem Photon in der Apparatur keineswegs gesichert ist. Vgl. kohärente Zustände. bzw. Poisson-Verteilung der Photonenzahlen.

Warnung: Man sollte weder von "fliegenden" noch "auftreffenden" Teilchen sprechen, weil damit assoziiert wird, dass die (Quanten-)Teilchen von irgendwoher kamen, sogar eine Geschwindigkeit hatten und jetzt auf den Schirm "aufknallen". Wir wissen: Ein (Quanten-) Teilchen kann nicht gleichzeitig einen Ort und eine Geschwindigkeit haben. Wenn ein Teilchen irgendwo nachgewiesen wurde, kann niemand sagen, woher mit welcher Geschwindigkeit es kam. Eine Frage danach wäre für ein (Quanten-)Teilchen sinnlos.