Würzburger Quantenphysik- Konzept

 G48 Bohr'sches Modell des H-Atoms (1913)

Rydberg-Atome Quantenmechanisches Atommodell

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Vgl. Bohr'sches Atommodell - ein Revival?

Rutherford hatte 1905 den Aufbau von Atomen aus dem positiven Atomkern und  der negativen Elektronenhülle entdeckt. Naheliegend war eine Vorstellung von einem Planetensystem im Kleinen, bei dem die Elektronen den Atomkern wie Planeten die Sonne umkreisen sollten. Sonst kannte man vor Bohr von Wasserstoff-Atomen ihre Spektren, deren Spektrallinien durch die Balmer-Formel oder ähnliche Spektralformeln beschrieben werden:  ΔE = h·f = - RH·h·c ( 1/n2 - 1/m2 ); (m < n , natürlich). ΔE ist dabei die Energie des ausgesandten Photons, h das Plancksche Wirkungsquant, c die Lichtgeschwindigkeit und RH die Rydberg-Konstante. Erstaunlicherweise beschreibt die Formel nicht nur die "Balmer-Serie" mit n = 2 im sichtbaren Bereich des Lichts, sondern alle beobachteten Spektralserien des H-Atoms. Davon ausgehend konstruierte Niels Bohr mit Hilfe seiner Postulate sein Modell:

(a) Bohr schließt aus der Balmer-Formel auf diskrete Energiestufen im Atom bei einem gebundenen Elektron: En  = E0/n2 = - RH·h·c/n2 mit E0 = - RH·h·c = -13,6 eV und n = 1, 2, 3, ... .

(b) Wenn ein Atom von einer höheren (m) in eine tiefere Energiestufe (n) übergeht, soll die Differenzenergie in Form von genau einem Photon mit Eph = h·f = ΔE = Em  -  En = E0/n2 - E0/m2 =  E0·(1/n2 - 1/m2) abgegeben werden. Umgekehrt muss man dem H-Atom die Differenz-Energie h·f = ΔE =  Em -  En = E0/n2 - E0/m2 =  E0·(1/n2 - 1/m2) in Form eines Photons zuführen, um das Atom aus einer Energiestufe En in eine Energiestufe  Em  (m > n) überzuführen.

(c) Ein um den Atomkern kreisendes Elektron soll keine Energie abstrahlen. Strahlung soll nur möglich sein beim Übergang von einer Energiestufe auf eine andere.

(d) Der Drehimpuls des Elektrons soll konstanten Betrag haben, und der soll ein ganzzahliges Vielfaches des Planckschen Wirkungsquants sein, nämlich:      2π·r·p = n·h, n = 1, 2, 3, ...  . Dabei sollen r und p die klassischen Werte für den Abstand r des Elektrons vom Atomzentrum (Kernzentrum) und dem Betrag des Elektronenimpulses p sein,  h ist das Plancksche Wirkungsquant.

Mit (d) gelingt es Bohr sogar, die diskreten Energiestufen von Postulat (a) herzuleiten. Sonst stellt sich Bohr das H-Atom sehr klassisch vor, nämlich mit Elektronen, die auf bestimmten Kreisbahnen (Radius r) mit bestimmten Geschwindigkeiten v um den Atomkern kreisen und dabei die Coulomb-Anziehung des Kerns erfahren. Diese Vorstellung musste mit Etablierung der Quantenmechanik aufgegeben werden. Die Energiestufen und die Übergänge zwischen den Energiestufen haben - leicht modifiziert - überlebt.

Wenn man heute vom Bohr'schen Atommodell spricht, versucht man die Vorstellung von seinen Bahnen um den Atomkern in den Hintergrund zu drängen und eher seine energetischen Aussagen im Auge zu behalten, obwohl auch diese durch die Quantenmechanik in Details geringfügig korrigiert werden mussten. Es bleibt das Verdienst Bohrs, die Energiestufen des H-Atoms entdeckt zu haben.

Es gibt einen relativ einfachen Weg, um von den beobachteten Photonenenergien auf die Energiestufen des H-Atoms zu schließen. Diese Energiestufen konnte Bohr durch sein Modell mit klassischen Annahmen erklären.

Für diese Berechnung verwendete er im wesentlichen zwei Annahmen:

1. Die Coulombkraft wirkt als Zentripetal-Kraft für das um den Atomkern kreisende Elektron. Daraus lassen sich zwei Folgerungen ableiten:

a) Es gilt Ekin = -1/2 Epot bzw. E = Ekin + Epot = 1/2 Epot

b) Epot =  -1/4·π·ε0 · e2/r

2. Die Quantenbedingung:    p · r = n·h/2π = n·h       n = 1, 2, 3, ...

Aus beiden Gleichungen folgen relativ leicht r und v für ein kreisendes Elektron und die erlaubte Gesamtenergie. Während  gleichzeitig be-stimmte Werte für r und v sicher im Widerspruch zur Quantenphysik sind, entspricht die erhaltene Gesamtenergie (mit geringen Modifikationen) den Ergebnissen der Quantenphysik.

Gegen das Bohr'sche Modell des H-Atoms gibt es eine Reihe von Einwänden:

1. Es kann keine Bahnen von Elektronen im Atom (zugleich Radius und Impuls/Geschwindigkeit; be-stimmte Werte für r und v ) geben; das widerspricht der HUR

2. Ekin oder Epot können nicht gleichzeitig mit der Gesamtenergie E be-stimmt sein. Ebenso können auch Ekin und Epot nicht gleichzeitig be-stimmt sein. Auch das wäre ein Widerspruch zur HUR.

3. Das H-Atom müsste flach wie eine Scheibe sein; tatsächlich "kugeliger Aufbau".

4. Das  im H-Atom kreisende Elektron müsste wie ein Kreisstrom ein Magnetfeld erzeugen. Das wird für den Grundzustand nicht beobachtet. Das H-Atom ist im Grundzustand unmagnetisch.

5. Es wird nicht erklärt, weshalb das kreisende Elektronen nicht wie ein Dipol elektromagnetische Wellen abstrahlt. Dann müsste es nämlich wegen des Energieverlusts in den Kern "spiralen" und das Atom instabil machen.

6. Damit hängt zusammen: die Umlaufsfrequenz müsste sich verändern. Dabei sollte sich auch die Frequenz des abgestrahlten Lichts verändern. (Ein schwingender Dipol strahlt eine elektromagnetische Welle gleicher Frequenz ab): Ein H-Atom-Gas sollte nicht die Balmer-Serie abstrahlen, sondern weißes Licht mit Photonen aller Energien.

7. Es wird nicht erklärt, weshalb der Drehimpuls gequantelt sein soll (Quantenbedingung).

8. Weitere Details der Strahlung (z.B. die so genannte Feinstruktur) lassen sich so nicht erklären.

9. Das Bohr'sche Atommodell lässt sich kaum auf Atome mit mehr als einem Elektron erweitern.

10. Die Quantenphysik lehrt, dass es in einem Mehrelektronen-Atom ohne Messung auch keine individuellen Elektronen gibt. Bereits beim He-Atom gibt es ohne eine Messung keine zwei individuellen Elektronen. Wir wissen: Die Wellenfunktion der Schrödinger-Gleichung ist in diesem Fall eine Welle in einem abstrakten 6-dimensionalen Raum.

Vgl. Bohr'sches Atommodell - ein Revival?


( Juni 2016: Zeichensatz geändert )