Würzburger Quantenphysik-Konzept

V10 Beugung von Rb-Atomstrahlen am Lichtgitter

Beugung von Atomstrahlen nach Pfau     Kristallgitter-Interferenz

Lehrtext/Inhalt

Glossar  wissenschaftliche Experimente

Im- pres- sum

Versuch von Dürr, Nonn und Rempe  1998  

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Abb. 1: Beugung der Rb-Atome an zwei stehenden Lichtsäulen

Sehr kalte Rubidium-Atome (85Rb) sehr geringer Geschwindigkeit (wenige m/s, aus einer Atomfalle) fallen unter einem geeigneten Winkel in eine (breite) stehende Lichtwelle und werden an ihr gebeugt. Entsprechend der Kristallgitter-Interferenz werden die Rb-Atome an den Netzebenen des "Lichtkristalls" (senkrecht zur Ausbreitungsrichtung des Lichts) Bragg-reflektiert oder passieren unabgelenkt.

Versuch (1): Sie treffen dann auf eine zweite stehende Lichtwelle. Die Vorgänge an der ersten stehenden Lichtwelle wiederholen sich. Die Strahlen F und G bzw. D und E überlagern sich und erzeugen - ähnlich wie bei der Doppelspalt-Interferenz mit dem Spaltabstand d - auf einem "Schirm" mit einem Detektor zwei deutliche Interferenzfiguren mit ausgeprägten Maxima und Minima (Abb. 1). Das Versuchsergebnis zeigt Abb. 2. Im Überlappungsbereich der beiden Strahlen F und G kommt es hier nur zu 2 Maxima. Interferenz entsteht, weil nicht unterschieden ist, welchen klassisch denkbaren Weg ein nachgewiesenes Teilchen gegangen ist (z.B. B-F oder C-G). Die beiden Interferenzbilder sind ähnlich wie bei einem Mach-Zehnder-Interferometer komplementär zueinander. Deswegen entsteht links nur ein Maximum an der Stelle eines Minimums rechts.

Versuch (2): Jetzt sollen die klassisch denkbaren Wege B und C unterschieden werden, indem die jeweiligen Atome markiert werden. Dazu nutzt man die Tatsache, dass nicht angeregte 85Rb-Atome in zwei geringfügig energetisch unterschiedenen Zuständen vorliegen können, die sich durch den Drehimpuls unterscheiden ("Hyperfeinstruktur"). Es gelingt mit Mikrowellen, die Atome auf dem Weg B an den einen, die auf dem Weg C in den anderen Zustand zu bringen. Das Ergebnis zeigt Abb. 3. Weil jetzt die beiden Wege unterscheidbar sind, verschwindet die Interferenz.

Die Wegmarkierung der Atome erfolgte durch Anregung mit Mikrowellen-Photonen. Die Autoren konnten abschätzen, dass diese nur geringfügigen Impuls übertragen können. Es ist also ausgeschlossen, dass die Interferenz unterdrückt wurde, weil die Atome durch die Mikrowellen-Photonen im Sinne von mechanischen Stößen "aus der Bahn geschlagen wurden". Manche Autoren formulieren das Ergebnis wieder so: "Komplementarität ist grundlegender als die Un-be-stimmtheitsrelation" (die früher mit mechanischen Stößen plausibel gemacht wurde).

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Abb. 2: Ergebnis von Versuch (1). Das "Strahlprofil"  der überlappenden Strahlen ist gestrichelt eingezeichnet.

Abb. 3: Ergebnis von Versuch (2)

E 1. Die Vorstellung von Interferenz als Indiz für die Konkurrenz von klassisch denkbaren Möglichkeiten, zwischen denen nicht unterschieden wird, bestätigt sich auch hier.

2. Welcher-Weg-Information und Interferenz schließen sich gegenseitig aus, sind komplementär.

3. Das hat nichts mit mechanischen Stößen bei der Wegmarkierung zu tun.

Zeichnungen aus: S. Dürr, T. Nonn und G. Rempe, Origin of quantum-mechanical complementarity probed by a 'which-way' experiment in an atom interferometer, NATURE, VOL 395, 36 (1998)