Grundfakten der Quantenphysik und heuristische Methoden der QP in der Schule

Horst Hübel  -   Seminarlehrertagung Dillingen 2007

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In den letzten Jahren wurden vereinfachte Rechen-Methoden für die Quantenphysik in der Schule diskutiert, die beeindruckende Ergebnisse liefern. Dazu gehört die Zeiger-Methode, die einerseits als eine vereinfachte Variante von Feynmans Pfadintegral-Methode gesehen werden kann, andererseits als elementarisierte Form der "Ausbreitung" Schrödingerscher Wellen(funktionen) - was auch immer das bedeuten sollte. Dazu gehören auch Verfahren, bei denen Simulationsprogramme die Schüler von Lösungsmethoden der Schrödinger-Gleichung entlasten, ihnen aber Kernpunkte der Schrödinger-Theorie eindringlich vor Augen stellen, insbesondere den Zusammenhang zwischen "Quadratintegrabilität" (vereinfacht zu Endlichkeit der Wellenfunktion) und der Existenz diskreter (Energie-)Eigenwerte. Zu letzterem Punkt seien die Programme Schrödingers Schlange von Küblbeck und ein ähnliches Programm von Bader erwähnt, zur Zeigermethode wird auf die vielen Programme Baders hingewiesen. So relativ einfach die erwähnten numerischen oder mathematischen Verfahren in den vorgeschlagenen Näherungen und Spezialfällen für Schüler sein dürften, so schwierig dürfte es für sie und die unterrichtenden Lehrer sein, die zugrunde liegende Physik zu verstehen. Ich fürchte, hier gerät der Lehrer in die Gefahr, den Rahmen der Schulphysik zu überschreiten. Weil die Programme so einfach zu benutzen sind, können m.E. ihre Ergebnisse dennoch eine wichtige Funktion im Unterricht haben.

Hier soll ein Konzept vorgestellt werden, wo mehr Wert auf ein Verständnis der Grundlagen gelegt wird. Das haben sich auch Wiesner, Müller und Küblbeck und andere zum Ziel gesetzt. Insbesondere von Küblbeck und Müller wurde zusätzlich zu bekannten heuristischen Verfahren eine Variante der Komplementarität als heuristisches Prinzip hervorgehoben und an vielen modernen experimentellen Beispielen erläutert. Es erscheint deshalb an der Zeit, zur Didaktik der Quantenphysik eine Rückbesinnung einzulegen, um sich zu vergewissern, wie eine Sicherheit in den Grundlagen des Gebiets gepaart mit einigen dieser heuristischen Methoden wesentliche experimentelle Situationen verständlich machen kann, ohne in die Gefahr zu geraten mit den diskutierten - zugegebenermaßen  vereinfachten - mathematischen Methoden den Blick auf das Wesentliche für die Schulphysik zu verstellen und offene physikalische Probleme zuzudecken.

Zur Begründung werde ich manchmal Beispiele vorführen, die über die Schulphysik hinausgehen. In der Regel möchte ich nicht, dass sie in die Schulphysik eingeführt werden.

1. Sprachregelungen über Wellen und Teilchen in der Quantenphysik

Dabei soll versucht werden, möglichst eindeutige Sprechweisen zu verwenden. So wird, wie das auch schon von Küblbeck und Müller praktiziert worden ist, kaum von Wellen gesprochen werden, die ja im Rahmen von Schrödingers Theorie in der Regel abstrakte Wellen in hochdimensionalen Konfigurationsräumen sind und eben nicht im Anschauungsraum, wie Schülern kaum auszureden sein wird, wenn man in diesem Zusammenhang von Wellen spricht. Die Bornsche Wahrscheinlichkeitsdeutung sollte aber behandelt werden.

Nehmen Sie ein Elektron. Wenn Sie Schrödinger-Theorie betreiben wollen, ist die zugehörige Wellenfunktion (ohne Berücksichtigung des Spins) eine Wellenfunktion in einem Raum, der wie der Anschauungsraum dreidimensional ist. Aber dieser Raum könnte der dreidimensionale Impulsraum sein, oder auch ein dreidimensionaler Ortsraum. In letzterem Fall sind die drei Koordinaten x,y,z nicht die Koordinaten eines Teilchens, sondern die Koordinaten des Punktes, an dem eine Messung  vorgenommen werden wird, deren wahrscheinlicher Ausgang durch die Wellenfunktion vorhergesagt werden soll. Nehmen Sie aber einen Zweiteilchen-Zustand, z.B. aus zwei Elektronen, dann ist der zugehörige Raum (ohne Spin) 6-dimensional, also ganz klar nicht der Anschauungsraum, sondern der 6-dimensionale Konfigurationsraum, zuständig ausschließlich für Wahrscheinlichkeitsvorhersagen. Nach Zeilinger existieren Wellenfunktion "nur im Kopf der Physiker".

Damit wir uns einig sind: Natürlich ist die Schrödinger-Gleichung eine Art Wellengleichung in Konfigurationsräumen für Teilchen-Zustände. Andererseits werden die Feldgleichungen  meistens sogar als Wellengleichungen im dreidimensionalen Ortsraum formuliert, aber für Operatoren! Aus ihnen lassen sich Informationen für Teilchen-Zustände und Nicht-Teilchen-Zustände entwickeln. Das geht m.E. über die Schulphysik weit hinaus und soll hier nicht besprochen werden. Die klassische Schrödinger-Theorie, nach der "Teilchen eigentlich Wellenpakete seien", in der Wellenfunktionen irgendwie als "reale" Wellen im Anschauungsraum angesehen wurden, ist seit Etablierung der Quantentheorie Ende der 20-er / Anfang der 30-er Jahre tot. Aber aus dieser Zeit haben sich leider noch viele irreführenden Sprechweisen erhalten: Elektronenbeugung, Materiewelle, Ladungswolke, "verschmierte Elektronen", das "Elektron im Atom als stehende Welle", aus der Übergangsphase auch "Aufenthaltswahrscheinlichkeit" statt "Nachweiswahrscheinlichkeit".

2. Was meine ich mit heuristischen Verfahren?

Das "heuristische Verfahren" steht ja in der Didaktik in hohem Kurs. Physiker benutzen das Wort "heuristisch" aber anders und meinen damit etwas anrüchig eher "hingebastelt" oder "unbegründet, aber wohl richtig" oder "aus der Luft gegriffen, aber passend". Sie bezeichnen damit Methoden, die sich nicht aus irgendeiner Theorie ergeben, aber doch in der Lage sind, Sachverhalte richtig in einer Theorie, in Rechnungen oder Simulationen abzubilden. Das Verfahren hat generell eine wichtige Funktion, wenn die ersten Schritte in einem neuen Forschungsgebiet gemacht werden, oder wenn, z.B. für die Anwendung in der Technik, eine empirische Regel aufgestellt werden soll, deren theoretische Begründung zu komplex ist oder nicht interessiert. So wird es auch hier der Begriff eher verwendet, aber in durchaus positivem Sinn:

Da sich die vorgeschlagenen heuristischen Verfahren aus der kompletten Quantentheorie ergeben sollen, sollen sie - so weit wie möglich - mit ihr in Einklang sein. Sie sollen dem Schüler aber aufwändige Rechnungen ersparen, sollen schneller, sozusagen auf einer Abkürzung richtige Ergebnisse liefern, häufig eher qualitative, die aber für die Schule durchaus ausreichen. Aber sie sollen mit der richtigen Quantentheorie so weit wie möglich verträglich sein.

Ich habe mir also folgende Forderungen an "vernünftige" heuristische Verfahren für die Schule gestellt:

Heuristische Verfahren in der Quantenphysik sind für die Schule natürlich schon lange vorgeschlagen worden.

Beispiel 1:

Z.B. wird zu einer Behandlung des H-Atoms, die über das Bohrsche Modell hinausgehen soll, vorgeschlagen, die Grundzustandsenergie E aus einem Minimalprinzip zu bestimmen. E soll aus kinetischer und potenzieller Energie zusammengesetzt werden ( - obwohl wir wissen, dass das Elektron nicht gleichzeitig kinetische und potenzielle Energie haben kann). Die potenzielle Energie habe dabei die übliche -1/r-Abhängigkeit, die kinetische Energie wird abgeschätzt durch eine Un-be-stimmtheitsrelation Dp.Dr = h/2p, wobei dann die Ortsun-be-stimmtheit Dr durch den Atomradius r und die Impulsun-be-stimmtheit Dp durch den "Minimalimpulsbetrag" p ersetzt wird. Man erkennt in p.r = h/2p sofort die Bohrsche Quantenbedingung (für n = 1). Sie liefert eine Ekin  proportional zu 1/r2 (Ekin an welcher Stelle?). Das Minimum der Gesamtenergie erhält man durch Ableitung der beiden Terme (prop. -1/r und prop. 1/r2) nach r. Das Verfahren liefert erstaunlich gut die exakte Grundzustands-Energie des H-Atoms (und ein Maß für den Atomradius).

Leider widerspricht es der Quantentheorie, insofern es explizit davon ausgeht, dass kinetische Energie und potenzielle Energie des Elektrons im Kernfeld gleichzeitig existieren. Wir wissen ja aus der QT, dass in den stationären Zuständen, also solchen mit be-stimmter Gesamtenergie E, weder kinetische noch potenzielle Energie gleichzeitig zur Gesamtenergie messbar sind und allgemein auch diese nicht untereinander gleichzeitig. Ein solches Verfahren würde mir weniger gefallen, da es ja gerade vom Ziel wegführt, einem Verständnis der QP näher zu kommen. Dass es komplementäre Größen gibt, die ein physikalisches System nicht gleichzeitig haben kann, wie hier Ort und Impuls bzw. potenzielle Energie und kinetische Energie oder kinetische und Gesamtenergie, scheint mir ein so wichtiger Gesichtspunkt zu sein, dass er nicht verletzt werden dürfte. Wpot kann nur eine abstrakte "Potenzialfunktion" sein; "Potenzialoperator" und "Operator der kinetischen Energie" müssen wir in der Schule ja mit Recht vermeiden.

Eine genauere Analyse lässt sogar Zweifel am Ansatz Epot prop. -1/r aufkommen, weil ja der Ansatz nur für festen Radius r korrekt ist, aber hier auch noch angewandt wird, wenn r den "Aufenthaltsbereich" des Elektrons kennzeichnen soll. Man kann aber zeigen, dass die über den "Aufenthaltsbereich" mit Radius R gemittelte potenzielle Energie des Coulombpotenzials ebenfalls prop. -1/R ist, allerdings mit einem Faktor 3/2. Das hätte Konsequenzen für die quantitative Lage der Energieniveaus. Gründe für den guten "Erfolg" der originalen Rechnung sind auch klar: Die Rechnung ist identisch mit der vom Bohrschen Atommodell, wenn eine potenzielle Energie wie bei einer Kreisbahn mit Radius r im Coulombfeld angesetzt wird und die Bohrschen Quantenbedingung in der kinetischen Energie berücksichtigt wird.

Beispiel 2:

Nach einem anderen Verfahren wird das Coulombpotenzial des H-Atoms durch ein kugelsymmetrisches abschnittsweise konstantes Topfpotenzial mit unendlichen Wänden ersetzt, dessen Boden negative Energie W0 hat. W0 und Radius werden geeignet abgeschätzt. Dann werden die vermeintlich bekannten Energiestufen des Topfpotenzials (für unendlich tiefen Topf mit Boden bei Energie 0) zu der potenziellen Energie W0 im Topfpotenzial-Boden addiert um eine Gleichung für die Gesamtenergie zu erhalten, zusammengesetzt aus kinetischer und potenzieller Energie. Auch hiermit können die Energiestufen überraschend gut abgeschätzt werden. Unschön im Hinblick auf ein quantenmechanisches Atommodell erscheint wieder, dass das Verfahren die Vermutung nahelegt, dass das Elektron gleichzeitig potenzielle (W0) und kinetische Energie besitze, auch, wenn dies als allgemeine Aussage anderswo in solchen Darstellungen abgelehnt wird. (Vielleicht würden die Autoren solcher Vorgehensweisen einwenden, dass das Hinzufügen eines konstanten Potenzials W0 ja nur eine Verschiebung des Koordinatenursprungs der Energieskala bedeutet; dann könnte man über dieses Argument reden.) Für eine Abschätzung der Energiestufen ist eine solche Vorgehensweise wohl genügend gut; zu mehr taugt sie wohl nicht. Dafür taugt aber auch das Bohrsche Modell, das aus anderen Gründen der Quantenmechanik widerspricht.

Übrigens: Man umgeht das Problem der Kugelgeometrie nur in versteckter Weise: Die Energie-Eigenwerte für die Kugelgeometrie sind auch für das einfache Topfpotenzial nur für kugelige Zustände mit Bahndrehimpuls l = 0 relativ leicht herzuleiten (Vgl. Flügge, Rechenmethoden der Quantenmechanik, 33. Aufgabe). Nur für solche Zustände gilt: E = h2/2m p2/R2 n2 =   h2/(8mR2) n2  (n e N) mit dem Kugelradius R. Für unterschiedliche Drehimpulsquantenzahlen l ¹ 0 erhält man sehr viel mehr weitere Zustände mit nicht analytisch angebbaren Energieformeln als Lösungen der zuständigen Besselschen Differentialgleichung.

3. Grundfakten der Quantenphysik und heuristische Prinzipien

Zunächst:  Was ist ein Teilchen? Die Quantentheorie sagt dazu nur eines: Eigenzustand des Teilchenzahloperators. In die Sprache der Schule übersetzt, könnte man sagen, dass Teilchen solche Quantenobjekte sind, die abzählbar sind. Das heißt, es kommen 0, 1, 2 oder 3, ... Objekte vor und es gibt Zählgeräte dafür. In diesem Sinn ist ein Elektron oder ein Photon per definitionem immer ein Teilchen, ohne jede Einschränkung. Genauso ein komplexes Fullerenmolekül oder ein Uran-Atom, trotz ihres komplizierten inneren Aufbaus. Wellen dagegen kann man nicht zählen. Sie sind niemals Teilchen im Sinne der Quantenphysik. Aber Licht und Materie kommen nicht nur in Teilchen-Zuständen mit einer be-stimmten Anzahl von Teilchen vor. Das ist eine der Stellen, an denen sich Abweichungen von der klassischen Vorstellung eines Teilchens ergeben. Bei geladenen Teilchen ist der (seit ca. 1930) neue Teilchenbegriff in Einklang mit dem Millikan-Versuch, der ungeteilte Elektronen ausschließt. Bei Photonen zeigt das Grangier-Experiment, dass Photonen nur ungeteilt und nur abzählbar vorkommen (Simulationsprogramm PHOTONEN vom Autor). Es gab eine Reihe von handfesten Argumenten, die nach langem Ringen um die Interpretation der Schrödinger-Theorie Anfang der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts die Annahme von "verschmierten" Elektronen, Ladungswolken im Atom und konkreten Wellenpaketen endgültig widerlegten (nicht beobachtete Selbstwechselwirkung, Millikan, einigermaßen lokalisierte Wellenpakete bleiben i.a. nicht lokalisiert, sondern fließen auseinander, die Wellenfunktion stellt keine Wellen im Anschauungsraum dar, sondern Wellen in abstrakteren Konfigurationsräumen, die i.A. hochdimensional sind - bei 2 Teilchen ohne Spin schon 6-dimensional). Wellenpakete für Wahrscheinlichkeitsverteilungen sind natürlich wesentlicher Bestandteil der quantitativen Theorie.

Die Grundfakten bzw. darauf aufbauenden heuristische Prinzipien bilden ein konsistentes System. Man kann natürlich an einzelnen Punkten, insbesondere an Formulierungen, rütteln, muss dann aber darauf achten, dass wieder ein in sich geschlossenes System von Argumenten entsteht.

Das nachfolgende Grundfaktum sollte nur der Lehrer im Hinterkopf behalten, es sollte seine Sprechweisen bestimmen, aber nicht die Inhalte des Unterrichts:

F Revision des Teilchenbegriffs und des Wellenbegriffs bei Vielteilchen-Zuständen

Einerseits gibt es keinen "Welle-Teilchen-Dualismus", da Teilchen klar definiert und ohne "Alternativcharakter" sind. Elektronen und Photonen sind unzweifelhaft Teilchen im Sinne der Quantenphysik, weil sie abzählbar sind. Teilchen sind keine Wellenpakete, es gibt keine "verschmierten Teilchen"; auch im Atom sind Elektronen keine stehenden Wellen. Wellenpakete können aber dazu taugen, die wahrscheinlichen Nachweisorte eines Teilchens zu beschreiben, wenn dieses im Ortsraum (oder auch im Impulsraum) wenigstens einigermaßen lokalisiert ist.

Der Teilchenbegriff hat nichts mit Lokalisierung zu tun. Ein Teilchen, das im Impulsraum scharf lokalisiert ist (enges Wellenpaket zur Beschreibung von Messungen an ihm), ist im Ortsraum total unlokalisiert und umgekehrt. Andererseits handelt es sich bei Quantenteilchen nicht um klassische Teilchen, denn:

4. Anwendungen der heuristischen Methoden in der Schule

  1. Deutung der Interferenz beim Doppelspalt: zwei klassisch denkbare Möglichkeiten für den Durchtrittsort ("Einteilchen-Interferenz") => Interferenz mit der Ausbildung von Maxima und Minima. Abzulehnende Sprechweise: "Das Elektron interferiert am Doppelspalt mit sich selbst": würde Existenz eines bzw. zweier Durchtrittsorte suggerieren. Wird ein Durchtrittsort gemessen, d.h. wird Welcher-Weg-Information (WWI) gewonnen, dann verschwindet die Interferenz. Bei ungenauer WWI wird die Interferenz verwaschen. (Sonderfall der Komplementarität)

  2. Scully-Englert-Walther-Experiment:  Die Störung der Interferenz durch ein Welcher-Weg-Experiment (WWE) hat nichts mit einer klassischen Störung durch die Ortsmessung zu tun (in dem Sinne, dass durch die Ortsmessung unkontrollierbar Impuls an das zu messende Teilchen übertragen wird, der es sozusagen aus der Bahn schlägt und so die Interferenz verhindert), wohl aber damit, dass durch die Ortsmessung i.A. der Zustand des Systems verändert wird, in dem Sinn, dass eine vorher un-be-stimmte Messgröße jetzt be-stimmt wird. Auch bei diesem Experiment wird es offenbar: Es handelt sich um keine realistischen Wellen, sondern Wellen in einem 6-dimensionalen Raum; nur der atomare Anteil überlagert sich auf dem Interferenzschirm, während der photonische Anteil getrennt in den beiden Resonatoren zurückbleibt und nicht interferieren kann. (Sonderfall der Komplementarität, begründbar durch Wellenfunktionen im 6-dimensionalen Raum)

  3. Tunneleffekt: Die klassische Argumentation ist nicht gültig, weil im Potenzialtopf Gesamtenergie und potentielle Energie oder Gesamtenergie und kinetische Energie oder kinetische und potenzielle Energie nicht gleichzeitig messbar sind, nicht gleichzeitig einen physikalischen Sinn haben. Damit ist es nicht mehr verboten, dass ein Teilchen auch in einer Potenzialbarriere zu finden ist. Ein zweites Argument, nach dem mit Hilfe der HUR stark streuende Messwerte für die (ohne Messung nicht existente) kinetische Energie sogar jenseits der Gesamtenergie zulässig ist, unterstützt das Argument. Der Tunneleffekt ist damit qualitativ erklärt. Was noch fehlt sind Wahrscheinlichkeiten für den Nachweis des Teilchens in "erlaubten" und vermeintlich "verbotenen" Potenzialbereichen. Das erfordert z.B. eine Lösung der Schrödinger-Gleichung, die m.E. auch bei anderer Vorgehensweise Schulniveau überschreitet.

  4. Potenzialkasten : zwei klassisch denkbare Möglichkeiten für den Impuls => Interferenz, die zur Ausbildung von Maxima führt. (Vgl. Wahrscheinlichkeitsdichte für Nachweis eines Teilchens in der Nähe eines bestimmten Ortes. Entsprechend  gibt es auch im Atom konkurrierende klassisch denkbare Möglichkeiten, zwischen denen nicht unterschieden wird, z.B. eine radiale Auswärts- und eine radiale Einwärtsbewegung. Die Folge ist Interferenz mit Maxima und Minima längs der komplementären Größe, dem Radius. Das klingt nach stehenden Wellen. Die würde ich hier aber unbedingt vermeiden, weil m.E. die Schüler dann nicht vermeiden könnten an aus dem Zentrum quellenden und sich zum Zentrum hin kontrahierenden (realen) Wellen zu denken. Ich sehe das Grundfaktum "Interferenz als Konkurrenz nicht unterschiedener klassisch denkbarer Möglichkeiten" als eine hinreichende qualitative Erklärung von Minima und Maxima der Wellenfunktion bzw. der Nachweiswahrscheinlichkeit an.

  5. Mach-Zehnder-Interferometer und Knallertest: Jeweils Demonstration, dass WWI und Interferenz sich gegenseitig ausschließen (Sonderfall der Komplementarität). Knallertest als prinzipielles Beispiel einer "nicht verbrauchenden Messung" (quantum non demolition measurement).

  6. Quantenschwebungen / Ramsey-Interferometer: Entspricht Mach-Zehnder-Interferometer ("Interferenz als Konkurrenz nicht unterschiedener klassisch denkbarer Möglichkeiten"), aber statt klassisch denkbarer Wege im Ortsraum hier "Energiewege".

  7. WWI-Experimente: Doppelspalt, MZI, ... Versuche mit verzögerter Entscheidung: Es wird erst entschieden, ob nach einem Weg oder nach Interferenzerscheinungen gefragt werden soll, "wenn das Teilchen die Apparat überwiegend oder ganz durchlaufen hat". Der unterschiedliche Ausgang der Experimente hat offenbar nichts mit einem vermeintlichen Wellen- oder Teilchen-"Charakter" der Teilchen zu tun, sondern mit der Fragestellung, die der Experimentator an sie richtet. Es wäre absurd zu behaupten, dass diese Entscheidung des Experimentators sich auf die Vergangenheit auswirken könnte, so dass ein Teilchen rückwärts eventuell vor Milliarden von Jahren entschieden hätte, ob es "wie ein Teilchen auf einem be-stimmten Weg, oder wie eine Welle auf zwei Wegen gleichzeitig" zum Nachweispunkt läuft. Das hat nichts mit einem vermeintlichen "Wellen-" oder "Teilchen-Charakter" zu tun!

    Beispiele dazu und vor allem Wheelers Gravitationslinsen Interferometer   v20.html

  8. Quantenauslöscher:  v15a.html :  Interferenz kann auch  nachträglich noch zurückgewonnen werden, wenn Welcher-Weg-Information ausgelöscht wird. Wieder ist es so, dass die Beobachtungen nichts mit einem "Wellencharakter" oder "Teilchencharakter" zu tun haben, in dem Sinn etwa, dass einerseits "Interferenz - auf beiden Wegen gleichzeitig - Wellencharakter" und andererseits "keine Interferenz - auf  einem bestimmten Weg - Teilchencharakter" zusammengebracht werden. Die Entscheidung, ob Interferenz zurückgewonnen und WWI ausgelöscht wird, fällt ja erst dann, wenn die Photonen die Apparatur längst durchlaufen haben. Bildlich gesprochen können sie am ersten Strahlteiler ja nicht "wissen", wie sie die Apparatur nach Meinung des Experimentators durchlaufen sollen um der gewünschten experimentellen Situation zu genügen.

5. Resümee

Liste der heuristischen Verfahren:

  • A objektive Un-be-stimmtheit: Eine Messgröße erhält erst durch eine Messung einen physikalischen Sinn. Sonst ist die Messgröße un-be-stimmt.
  • B Komplementarität (Nicht-Gleichzeitige-Messbarkeit): Nicht alle klassisch denkbaren Eigenschaften eines Systems sind gleichzeitig realisiert / haben gleichzeitig einen physikalischen Sinn / sind gleichzeitig messbar.

  • C Einteilchen-Interferenz ist die Interferenz von nicht unterschiedenen klassisch denkbaren Möglichkeiten.
  • D WWI und Interferenz  sind komplementär
  • E HUR als Folge der Nicht-Gleichzeitigen-Messbarkeit

Erfolge:

Eine Reihe von Fragestellungen werden als physikalisch sinnlos erkannt:

Anton Zeilinger

Indeed, following Bohr, I would argue that we can understand quantum mechanics, if

we realize that science is not describing

how nature is

but rather expresses

what we can say about nature.

6. Eine Auswahl von Literatur und Links:

J. Küblbeck, R. Müller, Die Wesenszüge der Quantenphysik, Aulis Verlag Deubner, Köln, 2003

E. Fick, Einführung in die Grundlagen der Quantentheorie, Akademische Verlagsgesellschaft, Frankfurt am Main, 1972   (Begriffliches sehr klar!)

J.J. Sakurai, Modern quantum mechanics, Addison-Wesley, Redwood City, 1985

M. Le Bellac, Quantum Physics, Cambridge University Press, Cambridge, 2006   (auch mit moderneren Experimenten!)

A. Zeilinger, Einsteins Schleier, Die neue Welt der Quantenphysik, Beck, München, 2003  (ohne Formalismen; Begriffliches an modernen Experimenten sehr klar dargelegt)

R. Loudon, The quantum theory of light, Clarendon Press, Oxford, 2000   (kohärente Zustände von Licht)

Münchner Internetprojekt zur Lehrerfortbildung in Quantenmechanik (Milq) http://www.cip.physik.uni-muenchen.de/~milq/info/index1p01.html

http://www.forphys.de   (Enthält meine Ausführungen noch ausführlicher und noch Vieles mehr.)